Warum Kommunikation im Unternehmen an stillen Vorannahmen scheitert

Missverständnisse im Team – ein alltägliches Beispiel

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Anna, Projektleiterin in einem mittelständischen Unternehmen, beendet das Teammeeting mit der Aufforderung, den Kundenreport „zeitnah“ fertigzustellen. Für Anna bedeutet das, der Report müsse spätestens bis Donnerstag vorliegen. Ihr Kollege Tim hingegen versteht „zeitnah“ eher als „bis Ende nächster Woche“. Er liefert den Report am Freitag, was Anna verärgert. Tim wiederum kann den Ärger nicht nachvollziehen. Dieses Szenario ist ein typisches Beispiel für Kommunikationsprobleme im Arbeitsalltag.

Wie Vorannahmen die Kommunikation belasten

Das Beispiel zeigt, wie unterschiedlich Vorannahmen wirken können und wie leicht es zu Missverständnissen kommt. Anna und Tim haben unterschiedliche innere Bedeutungen für den Begriff „zeitnah“, ohne dass dies explizit kommuniziert wurde. Diese unausgesprochenen Erwartungen führen zu Enttäuschung, Unverständnis und im schlimmsten Fall zu Frust und Schuldzuweisungen.

In Unternehmen ist es keine Seltenheit, dass Mitarbeitende dieselben Begriffe oder Aufforderungen unterschiedlich interpretieren, basierend auf ihren persönlichen Erfahrungen, Wertvorstellungen und Prägungen. Diese sogenannten stillen Vorannahmen wirken oft wie unsichtbare Stolpersteine in der Kommunikation. Was die Zusammenarbeit erheblich erschweren kann.

Konstruktivismus: Wie individuelle Wirklichkeiten entstehen

Die Theorie des Konstruktivismus, eine Erkenntnistheorie, hilft zu verstehen, warum diese Missverständnisse auftreten. Jeder Mensch konstruiert seine eigene Realität auf Basis seiner individuellen Erfahrungen, Werte und Sichtweisen. Das bedeutet, dass zwei Menschen denselben Sachverhalt völlig unterschiedlich wahrnehmen können und beide Wahrnehmungen sind aus ihrer Sicht „richtig“.

Zum Beispiel empfindet der eine ein unaufgeräumtes Büro als störend und chaotisch, während ein anderer es als lebendig und gemütlich betrachtet. In einem Team oder in einer Arbeitsgruppe treffen diese individuellen Wirklichkeitskonstruktionen aufeinander, was zwangsläufig zu unterschiedlichen Erwartungen und Sichtweisen führt.

Warum solche Vorannahmen Kommunikation erschweren

Wenn Menschen ihre eigenen Wahrheiten als die einzig gültige sehen und versuchen, diese durchzusetzen, entsteht Konfliktpotenzial. Das Unvermögen, die Sichtweisen anderer anzuerkennen, sorgt für Spannungen und blockiert den gemeinsamen Lösungsprozess. Wie im Beispiel von Anna und Tim verharren beide in ihrer Perspektive, ohne die des anderen anzuerkennen, was die Zusammenarbeit erschwert und den Erfolg gefährdet.

So verbessern Sie die Kommunikation im Team: 5 praktische Impulse

1. Konkret statt vage formulieren
Vermeiden Sie unklare Begriffe wie „zeitnah“ oder „bald“. Formulieren Sie stattdessen klare, verbindliche Aussagen, etwa: „Bitte liefern Sie den Report bis Donnerstag, 15 Uhr.“

2. Rückfragen aktiv fördern
Etablieren Sie eine offene Kommunikationskultur, in der Nachfragen nicht als Schwäche gelten, sondern als Zeichen von Sorgfalt und Verantwortung.

3. Begriffe gemeinsam definieren
Entwickeln Sie ein Team-Glossar, in dem wichtige Begriffe festgelegt und für alle einheitlich verständlich gemacht werden.

4. Kommunikationstrainings anbieten
Kleine Workshops, die den Konstruktivismus und die Vielfalt der individuellen Wahrnehmungen erklären, können nachhaltiger wirken als lange Meetings und Missverständnisse vorbeugen.

5. Konflikte als Chance verstehen
Missverständnisse zeigen auf, wo Kommunikation noch nicht klar genug ist und bieten die Möglichkeit, Prozesse und Zusammenarbeit kontinuierlich zu verbessern.

Kommunikation ist kein Selbstläufer

Kommunikation im Unternehmen besteht nicht nur aus dem Austausch von Worten, sondern auch aus der Deutung dieser Worte im Kopf des Empfängers. Unterschiedliche Wahrheiten und Vorannahmen sind allgegenwärtig. Der Schlüssel zu erfolgreicher Zusammenarbeit liegt darin, diese individuellen Sichtweisen zu erkennen, anzuerkennen und bewusst mit ihnen umzugehen.

Teams, die sich dessen bewusst sind, arbeiten klarer und effektiver zusammen, Führungskräfte kommunizieren zielgerichteter und Konflikte werden schneller und konstruktiver gelöst. Denn letztlich zählt nicht, was gesagt wurde, sondern was beim Gegenüber ankommt.

Wenn Sie die Kommunikation in Ihrem Unternehmen gezielt verbessern möchten, unterstütze ich Sie gerne dabei, Vorannahmen zu erkennen, interne Kommunikationsmuster zu reflektieren und nachhaltige, klare Kommunikation zu etablieren.

Ihr René Hanna